«Das ist eine Sauerei», ruft Roland Schweiger aus. Der 60-jährige Melser fand seinen Namen, mitsamt Anschrift und Telefonnummer auf der Webseite des Lenzburger Inkassobüros Luciani wieder. Dieses hatte dort einen Schulden-Pranger aufgeschaltet, mit den Personalien von 56 scheinbar säumigen Zahlern. Versehen mit dem Aufruf, die Personen zu denunzieren, sollte man sie kennen.
Einige der Betroffenen wie Roland Schweiger waren völlig ahnungslos. In seinem Fall ging es um eine Forderung, die über zehn Jahre zurückliegt und seines Erachtens völlig unbegründet ist. Streitwert: ein paar Hundert Franken.
«Dann zeigen Sie mich doch an»
«Solche schwarzen Listen sind aus unserer Sicht nicht in Ordnung», sagt Eliane Schmid, Sprecherin des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten. Die Betroffenen können sich juristisch dagegen wehren. «Es ist ein Verstoss gegen das Datenschutzgesetz und eine Persönlichkeitsverletzung, gegen die man zivilrechtlich klagen kann», erklärt Schmid.
Schweiger und auch ein weiterer Betroffener, der von 20 Minuten kontaktiert wurde, erwägen rechtliche Schritte gegen das Inkasso-Büro zu veranlassen. «Solche Leute muss man aus dem Verkehr ziehen.»
Dem Inkasso-Unternehmer Lino Luciani ist das egal: «Dann zeigen Sie mich doch an», sagt er, als ihn 20 Minuten mit den Vorwürfen konfrontiert. Er habe deswegen noch nie Probleme gehabt. Er gibt aber zu, nie abgeklärt zu haben, ob sein Pranger rechtlich problematisch sei. Eine Stunde nach dem Telefonat hat er die schwarze Liste aber von seiner Webseite entfernt.
Praxis schädigt Ruf der Branche
Inkasso-Firmen stehen in der Schweiz wegen umstrittener Praktiken im Umgang mit Schuldnern regelmässig in der Kritik. Fehlbare Unternehmer wie Luciani erweisen der Branche damit einen Bärendienst. Beim Verband Schweizerischer Inkassotreuhandinstitute ist der Unmut über das schwarze Schaf aus Lenzburg gross. «So geht es nicht. Das sind ja Methoden wie im Mittelalter», empört sich Verbandsgeschäftsführer Robert Simmen. Das Lenzburger Büro sei nicht Mitglied im Verband, betont er. «Firmen mit solchen Praktiken würden nie in den Verband Schweizerischer Inkassotreuhandinstitute VSI aufgenommen.»
Pranger und andere justiziable Methoden sind aber kein Einzelfall in der Branche. Das weiss auch Simmen. Das Problem sei, dass Inkasso-Firmen keiner Aufsicht unterstehen. Jeder kann ins Geschäft einsteigen und sich Inkasso-Spezialist nennen. «Das passt uns gar nicht, aber wir können als Verband gegen Nicht-Mitglieder nichts unternehmen.» Der VSI verlange darum schon länger, dass ein Zulassungsverfahren eingeführt werde und die Berufsbezeichnung geschützt wird.
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