Kategorie: Detailhandel.
Die Rabattaktion der Migros und die gelockerte Preisbekanntgabeverordnung. Ein Zufall?
Geschrieben von Reklamationszentrale Am .
Die Migros kündigte eine breit angelegte Rabattaktion an. Sie will damit ihre Preise den Discountern, wie Aldi und Lidl, angleichen. Aber wie nachhaltig ist dieses Versprechen? Und könnte diese Strategie im Zusammenhang mit der bevorstehenden Lockerung der Preisbekanntgabeverordnung (PBV) stehen?
Laut Infosperber[1] hat die Migros mit ihrer jüngsten Tiefpreisstrategie viele Kunden anlocken wollen, doch erste Analysen zeigen, dass nicht alle Produkte tatsächlich günstiger sind. Ein Vergleich von Blick offenbarte, dass die angekündigten Tiefpreise nicht durchgehend eingehalten werden.[2] Während einige Produkte wirklich zu reduzierten Preisen angeboten wurden, blieben andere Artikel auf ihrem bisherigen Preisniveau oder wurden sogar teurer. Besonders auffällig ist, dass in einigen Fällen die Rabatte nur auf bestimmte Packungsgrössen oder Varianten eines Produkts angewendet wurden, während ähnliche Produkte weiterhin zu höheren Preisen verkauft wurden.
So bleibt die Frage offen, ob es sich um eine nachhaltige Preissenkung handelt oder ob gezielt einige Produkte im Fokus stehen, um das Image zu stärken. Die Kritik richtet sich auch gegen die Transparenz. Sind diese Aktionen nur kurzfristige Massnahmen, um Kunden zu gewinnen, oder steckt dahinter eine langfristige Strategie?
Die gelockerte PBV: Mehr Spielraum für Tricksereien?
Parallel dazu wurde bekannt, dass die Preisbekanntgabeverordnung ab dem 1. Januar 2025 gelockert wird. Gemäss K-Tipp[3] ermöglicht die neue Regelung Unternehmen, flexibler mit Preisangaben umzugehen. Kritiker, darunter auch der Konsumentenschutz, befürchten, dass dies Tür und Tor für irreführende Rabatte öffnet. Ein Beispiel: Produkte könnten künftig mit höheren „Referenzpreisen“ beworben werden, um die Rabatte grösser erscheinen zu lassen. Dies würde es Unternehmen wie Migros erlauben, vermeintlich attraktive Angebote zu schaffen, die bei genauer Betrachtung keine echten Vorteile bieten.
Ein konkretes Beispiel:
Ein Shampoo, das normalerweise für 12 Franken verkauft wird, könnte vor einer Rabattaktion für wenige Tage auf 20 Franken angehoben werden. Während der Rabattkampagne würde dann mit „50 % Rabatt – jetzt nur 10 Franken!“ geworben. In Wahrheit ist der Rabatt jedoch nur marginal oder gar nicht vorhanden, da der „Referenzpreis“ künstlich hoch angesetzt wurde. Für die Kunden entsteht der Eindruck eines grossen Preisvorteils, obwohl das Produkt zu seinem üblichen Marktpreis angeboten wird.
Zufall oder Strategie?
Es drängt sich die Frage auf, ob Migros’ aktuelle Rabattoffensive ein Vorgriff auf die Gesetzesänderung ist. Nutzt das Unternehmen die Gelegenheit, sich als Preisführer zu etablieren, bevor die Lockerung der PBV einen Wettbewerbsvorteil für geschickte Preistricks schafft? Diese Möglichkeit kann nicht ausgeschlossen werden. Der Zeitpunkt wirkt auffallend passend, und Unternehmen haben in der Vergangenheit oft strategisch auf regulatorische Änderungen reagiert.
Fazit: Transparenz versus Marketing
Für den Konsumenten bleibt es entscheidend, aufmerksam zu bleiben. Aktionen wie jene der Migros sollten kritisch hinterfragt und mit unabhängigen Preisvergleichen überprüft werden. Ebenso sollte der Einfluss der neuen PBV nicht unterschätzt werden. Es bleibt zu hoffen, dass der Gesetzgeber die Interessen der Konsument nicht aus den Augen verliert – auch wenn die aktuelle Entwicklung anderes vermuten lässt.
[1] Siehe Artikel «Migros-Tiefpreis-Strategie: Schon gescheitert?» von Marco Diener, 30.10.2024, unter:
https://www.infosperber.ch/wirtschaft/migros-tiefpreis-strategie-schon-gescheitert/
[2] Siehe Artikel «Hält die Migros ihr Tiefpreis-Versprechen?» vom 29.10.2024 unter: https://www.blick.ch/wirtschaft/blick-vergleicht-die-preise-haelt-die-migros-ihr-tiefpreis-versprechen-id20271551.html
[3] Siehe Artikel: «Aktionen: Amtlich bewilligte Irreführung» von Stephanie Pauli, 14.11.2024 unter:
https://www.ktipp.ch/artikel/artikeldetail/aktionen-irrefuehrung-amtlich-bewilligt